Der 1958 in Montevideo, Uruguay, geborenen Mercedes Rosende gelingt dieses Mehr mittels eines gelungenen Einsatzes der Erzählperspektive. Sie spielt mit Wissensvorsprüngen und Ahnungen, welche sie insbesondere auch mittels der Darstellung von Gerüchen evoziert, und bereitet so in einer Mischung aus auktorialer und personaler Erzählperspektive die Handlung ihres Kriminalromans »Krokodilstränen« vor dem Lesenden aus.
Alles beginnt mit den Nachwehen einer misslungenen Entführung samt Lösungsgeldforderung, die daran scheiterte, dass die Ehefrau gerne bezahlte, verschwände bloß ihr Mann auf immer und ewig. Bedauerlicherweise trickste sein Mitverschwörer den nervösen Germán aus, weshalb dieser im Gefängnis dem brutalen Möchtegernboss El Roto sowie dem bis über alle Ledergerüche und Heiligenbilder der Welt korrupten Anwalt Doktor Antinucci in die Arme fällt. Blöd dass jene beiden den Überfall auf einen Geldtransporter in Planung haben, dringend einen weiteren Mann benötigen und den aufgrund ihrer käuflichen Netzwerke aus der Haft entlassenen Germán zur Mitarbeit zwingen. Und selbst wenn es da nicht Inhalt wie Besitzerin einer großen rosa Handtasche gäbe, der Überfall unter der Regie dieser kaputten Typen würde nie und nimmer gelingen.
Feine Spannungsliteratur aus Uruguay, in der das Gute gerne Böse und das Böse auch seine guten Seiten hat. Oder, denn so könnte man es auch sagen: deren Verfasserin eine Vorliebe für den Twist hat. Ein kluger Plot mit intelligentem Witz, ein fein gearbeiteter Roman mit raschen Szenen- und Perspektivenwechseln, der ein intelligentes Lesepuzzle garantiert!
Quelle: Rosende, Mercedes: Krokodilstränen. Kriminalroman. Übersetzt v. Peter Kultzen. Zürich: Unionsverlag 2018.