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Hände in den Schoß

Heute steht Mariä Empfängnis im Kalender. Warum ›Mariä‹ und nicht ›Maria‹? Nun, wer dies nachschlägt, findet heraus, das ›ä‹ steht für den lateinischen Genitiv: Nicht Maria empfängt, sondern sie wird empfangen. Dieser Feiertag hat mir neben der – wie ich gerne zugebe – etwas eigenwilligen Freude über die Schönheit des Genitivs auch noch eine weitere Besonderheit: Wie so viele Feiertage kirchlichen Ursprungs wurde auch dieser während der NS-Zeit abgeschafft und 1955 aufgrund eines Volksbegehrens und eines nachfolgenden Beschlusses im Nationalrat wieder eingeführt: zum Dank für die wiedererlangte Freiheit.

Übrigens war es am 8. Dezember auch Sitte, dass Frauen an diesem Tag nicht arbeiten durften, wollten sie nicht riskieren, dass ihnen ›die weiße Frau‹ erschien, achtsame Mahnerin in mancher Sage,  Unglücksbotin in anderer. Wie so oft, denke ich mir, unseren Ahn*innen wussten manches, das wir über Elektrizität, konstante Heizung und Wirtschaftswachstum um jeden Preis vergessen haben: die Notwendigkeit der Ruhe, der Auszeit, des 7. Tages. Diese verankerte Pause im Getriebe der Welt findet sich übrigens in der Geschichte der meisten Gesellschaften und Religionen. Weil sie schlicht Sinn macht.

Wie beides zueinander passt, die Verkündigung und die eingemahnte Auszeit? Das fragen Sie am besten eine Frau, die nach lang gehegter Sehnsucht nach einem Kind erfährt, dass sie schwanger ist: ihr steht die Welt still. All das Eilen, der Alltagskram wird ihr nichtig.

Vielleicht sollten wir, wenn wir hierzulande schon so gerne Brauchtum beschwören, diesen Brauch des Innehaltens wieder einführen? Für alle Geschlechter. Um sich schlicht Wintersonne auf dem Gesicht zu gönnen. Möge sie an dem Ort, an dem Sie leben, Ihnen heute scheinen!

 

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