Zeitgenössische Literatur
Bevor ich »Anständige Leute« zu lesen begann, beschäftigte ich mich einen Sommer lang erneut mit dem sogenannten Havanna Quartett Paduras – drückend heiß war es, ich jeden Nachmittag im Schwimmbad und Erinnerungen an Kuba keimten in meiner Arbeit, was lag also näher, als mir dieses Vergnügen zu gönnen?
Corinna Antelmann setzt in ihrer Brief-Erzählung »Im Geiste, Anna« der Psychoanalytikerin Anna Freud nebenher ein lesenswertes Denkmal und regt zur weiteren Auseinandersetzung mit dieser beeindruckenden Frau an.
Die größte Falle ist die Ehe, schrieb Simone de Beauvoir. 50 Jahre und einige Reformen später könnte man mit Victorie Hanišová sagen: Die größte Falle ist die Mutterschaft. In ihrem Roman »Rekonstruktion« spürt die in Prag lebende Autorin, die man hierzulande noch viel zu wenig kennt, einigen der Fallstricke nach, und sie tut dies – selbst Tochter ebenso wie Mutter –, ohne je den Zeigefinger zu erheben.
Alena Mornštajnovás »Hana« war ein Bravourstück, und natürlich beginnt man die nächste Übersetzung (ebenfalls von Raija Hauck verfertigt) auch mit dieser Erinnerung zu lesen, insbesondere da »Stille Jahre« gleichfalls ein Familienroman ist; und man wird nicht enttäuscht werden!
Wer ein Großprojekt wie »Sternlesen« organisiert, der oder die liest zwar auch während der Vorbereitungsmonate – hat aber kaum Zeit, Notizen in Blogbeiträge umzuwandeln.
Nichtsdestotrotz: Ich stieß auf einen Roman, der in dieser Mitlese nicht fehlen darf – die von mir sehr geschätzte Jeannette Winterson publizierte mit »Frankisstein« ein wundervolles Spiel mit der Literaturgeschichte des Romans »Frankenstein« von Mary Shelley.
Mit Humor ist das so 'ne Sache. Und wird einem ein Werk mit ›lakonischem Witz‹ angepriesen, entwickelt sich in der Vorstellung nochmals eine andere.
Von manchen Werken erwarten man sich wenig oder nichts; und manchmal tut sich in ihnen eine Tür auf und man entdeckt Räume, in denen man für einige Abende Platz nimmt, weil einem darin so behaglich zumute ist oder man sich schlicht willkommen fühlt. Solch ein (durchaus erstaunlicher) Glücksfall ist Fodorovás Erzählen vom Abschied-Nehmen von ihrer Mutter!
Dass ich Leonardo Paduras Erzähluniversen sehr gerne mag, dürfte wohl kaum mehr ein Geheimnis sein. Weniger seine Kriminalromane, die zwar gut unterhalten, aber kaum herausfordern, sondern vor allem seine einfühlsamen und kritischen Gesellschaftsporträts mit ihrer ausgezeichneten Figurengestaltung. Umso größer die Freude auf ein neues Leseabenteuer durch die Neuerscheinung »Wie Staub im Wind«, die mich jedoch nicht gänzlich überzeugte.
Die kanadisch-französische Autorin Nancy Huston baut ihre Werke gerne um ein Geheimnis auf, umkreist dieses in Andeutung, bis es seinen Weg Schwarz auf Weiß auf die Buchseite findet. Im Zusammenspiel mit der manchmal auch durchaus herausfordernden Mehrschichtigkeit ihrer Inhalte bewirkt dies einen gelungenen Spannungsbogen.
Oder: Anregende Schmökerbücher für Regen- und Krankheitstage oder wenn der Garten in mittäglicher Hitze versunken brütet.